Mittwoch, 27. Januar 2010

Spiel Theater! Ein Gespräch mit Jannik und Kamila

Jannik und Kamila spielen...

Das Theaterprojekt "Abenteuer Vielfalt" setzt sich aus einer bunten Mischung von Teilnehmern zusammen. Wir stellen zwei aus der Gruppe vor: den gebürtigen Haller Jannik Weiße und Kamila Zareba aus Polen.


Jannik Weiße ist ein sehr begabter 14-jähriger mit einer langen Liste von Lieblingsbeschäftigungen. Er singt, wandert, klettert und fotografiert. Er spielt überhaupt gerne: Handtrommel (Bongo, Djembe), Fußball (rechtes Mittelfeld), und Theater! Er spricht besonders gerne über das Klettern. Sein Vater hatte ihn schon als Baby- quasi im Rucksack- auf Kletter-Touren dabei. Heute erklettert er selbst Berge und Gletscher: "Überall weiße Berge- mein Leben!". Der Höchste war der über 3600 m hohe Simelaun im Ötztal, Österreich. Dabei hatte er schon mehrere gefährliche Situationen zu meistern: Einmal brach er in eine Gletscherspalte ein ("nicht arg weit") und war komplett mit Schnee zugedeckt"  ein anderes Mal überquerte er eine Schneebrücke, die eine tiefe Spalte überspannte: "das kostet Überwindung!"  Am Ende hatte er es aber geschafft und ist nun reicher an Erfahrungen und Fotografien. Schon seit sieben Jahre fotografiert er leidenschaftlich gerne und vor einem halben Jahr bekam er seinen ersten Auftrag: Praxisräume fotografieren. Am liebsten zieht es ihn jedoch mit der Kamera in die Berge.

Kamila Zareba ist 18 Jahre alt und kommt aus Polen. Dank eines Stipendiums erhielt sie als Austausch-Schülerin die Möglichkeit in Deutschland zu wohnen und für ein Schuljahr zu studieren. So ist sie schon seit September 2009 in Schwäbisch Hall. Kamila mag Sport, sie trainiert als Gast mit der Damenbasketballmannschaft "Flyers". Sie zeichnet auch sehr gerne. So lange sie sich erinnern kann zeichnet sie für sich selbst und für Freunde. Neben größeren Zeichnungen fertigt sie auch kleinere, abstrakte Zeichnungen an. Sie sucht die Worte in deutsch: "Manche beschreiben sie als ein bisschen schrecklich- aber nicht alle sind so." Es ist zuerst nicht leicht sich etwas darunter vorzustellen bis sie ein Bild konkret beschreibt: "Ein Kopf in einem Schuh. Das Gesicht hat nur Augen und einen kleinen Mund." Die meisten dieser kleinen Zeichnungen entstanden während des Schulunterrichts. Daneben begeistert sie sich für die polnischen Reggae und Ska Bands Pajujo und Maleo Reggae Rockers.

Das Theaterspielen
Jannik fing schon in der Grundschule mit Theaterspielen an. Vier Jahre lang studierte er Theaterstücke ein, hauptsächlich für Schulfeste- und Aufführungen. Danach legte er eine lange Pause ein, wegen seiner Vorliebe für Fußball. Seine Mutter gab ihm schließlich aber einen Schubs sich wieder mit Theater zu beschäftigen: "Jannik, spiel Theater". Er hatte wohl daheim zu viel gespielt: "Mach's nicht hier- gehe ins Theater!" Er erkundigte sich bei Klassenkameradin Mira. Sie erzählte ihm vom Theaterprojekt "Abenteuer Vielfalt". "Perfekt!" dachte er, und ging mit.

Kamila mag das Theater- als Zuschauer. Sie besuchte oft Stücke, sie konnte sich aber nicht vorstellen, einmal selbst Theater zu spielen. "In den Theaterunterricht in meiner Schule in Polen bin ich nie gegangen weil ich dachte, dass ich es nicht kann. Die anderen würden auch fragen was ich da mache." Hier wollte sie aber etwas Neues ausprobieren. "Spiel Theater!" schlug ihre Gastmutter vor. Weil sie hier niemand kannte hatte sie weniger Hemmungen, das Theaterspielen zu versuchen.

Begeisterung über "Abenteuer Vielfalt"
"Es ist nicht nur Theater, es ist auch vieles mehr!", schwärmt Jannik, von Improvisation ist er besonders angetan. Er hat sich für diese neue Herausforderungen entschieden, nimmt sie ernsthaft an: "Die Konzentrationsübungen sind manchmal unheimlich schwer für mich- besonders nach einem Tag, den ich stillsitzend in der Schule verbringen muss. Ich merke aber dass ich mich verbessern kann - nicht nur durch die Übungen sondern auch durch Theater-Improvisation. Gerade in der letzten Stunde habe ich gelernt, dass ich schräg sein darf. Es macht Spaß- strengt manchmal auch ein bisschen an. Aber man kann kreativ sein. Man kann Sachen spielen, auf die man nie kommen würde oder die einen gerade beschäftigen."

Kamila findet das Projekt überhaupt sehr abwechslungsreich. "Die Übungen sind sehr interessant, ich fühle mich gut in der Gruppe- ich habe keine Blockade! Die Gruppe ist sehr nett, niemand kritisiert mich oder sieht auf mich herab. Meine Mitspieler akzeptieren einfach alles. Wenn ich etwas nicht verstehe helfen sie mir." Sie erinnert sich an eine Interkulturelle Übung, "die Übung zeigte, wie man fühlen kann, wenn man die Situation nicht versteht". Drei Teilnehmer wurden hinausgeschickt und kamen einzeln zurück, als ein Gespräch schon im Gange war. Sie mussten versuchen sich in das Gespräch einzubringen um herauszufinden um welches Gesprächsthema es eigentlich ging. Das Thema war "Bücher lesen" aber die Gruppe benutzte diese Worte nicht und sprach stattdessen von "Zigarette rauchen". "Ich war oft in solchen Situationen. Ich war lange diejenige, die kein Deutsch konnte- und die Menschen erzählten mir nicht immer was los war." 

Gefragt über die Bedeutung von Vielfalt bringt Jannik die Gruppe wieder ins Gespräch: "Jeder Mensch bringt etwas Eigenes mit in diese Gruppe, das bedeutet für mich Vielfalt. Es gibt hier tolle Persönlichkeiten!" Seine Erfahrungen mit Vielfalt sind nicht begrenzt auf die Zusammenarbeit verschiedener Menschen wie hier im Theaterprojekt, sondern er erkennt Vielfalt auch in der Natur, in der Mode oder Musik. Er und Kamila sehen aber auch die Gefahr, dass man sich in der Vielfalt verlieren kann und vergisst wozu man etwas macht. "Manchmal gibt es zu viel Vielfalt und man ist überfordert. Es kann einen fertig machen, verwirren" sagt Jannik. Kamila stimmt zu, "Man kann es übertreiben, ständig mehr... machen, machen, machen." Aber letztlich überwiegt für sie die positive Seite: „Vielfalt ist vor allem ein Austausch mit Anderen, um von ihnen zu lernen und zu nehmen was das Leben gibt“.

Jannik und Kamila bei einer Übung

Kamila mit Martina bei der "Spiegel-Übung"

Jannik  bei einer Charakter-Übung

Fotos: Patricia Masibay und Selbstporträt mit Kamila von Jannik Weiße
Text: Patricia Masibay

Dienstag, 26. Januar 2010

"Abenteuer Vielfalt" ist (in) Hörbar

HörBar mit Nicol Zippel
Mittwochs 16-17 Uhr / Wiederholung Donnerstags 7-8 Uhr


Am 27. Januar (Wiederholung 28. Januar) sprechen Ana Carmem Thalacker, Paz Padilla und Patricia Masibay vom Internationalen Frauenkreis Schwäbisch Hall mit Nicol Zippel vom Radio StHörfunk. In seiner Sendung "HörBar" erzählen sie über das Theaterprojekt welches im Rahmen der interkulturellen Veranstaltungsreihe Culturcafé International am 1. Februar um 19.30 Uhr im Theatersaal des Alten Schlachthauses vorgestellt wird.


Radio StHörfunk Empfang
Schwäbisch Hall --> 97,5 MHz
Crailsheim --> 104,8 MHz
Live Stream --> www.sthoerfunk.de ("Start" drücken)


Culturcafé International
Das Theaterprojekt-Gruppe "Abenteuer Vielfalt" stellt sich vor!
Montag, 1. Februar 2010 - Eintritt frei
19.30 Uhr im Schlachtsaal



Alten Schlachthaus, Haal 9, Schwäbisch Hall

Montag, 25. Januar 2010

Wir stellen uns vor!


Lernen Sie die Jugendlichen hinter den Karten kennen!  
Culturcafé International
Das Theaterprojekt-Gruppe "Abenteuer Vielfalt" stellt sich vor!
Montag, 1. Februar 2010 - Eintritt frei

19.30 Uhr im Schlachtsaal
Alten Schlachthaus, Haal 9, Schwäbisch Hall

Am Montag, den 1. Februar eröffnet das Culturcafé International sein Jahresprogramm 2010 mit einer Präsentation von "Abenteuer Vielfalt", einem Theaterprojekt für Jugendliche.

Seit Oktober 2009 arbeiten neuen motivierte junge Leute im Theaterprojekt "Abenteuer Vielfalt". Geleitet und begleitet von Theaterpädagogen Rainer Mock/kleinen Theater Hall e.V. und Tina Koball/Freilichtspiele Schwäbisch Hall werden die Jugendlichen in der Schauspielarbeit und der Theaterimprovisation ausgebildet.  
Inhaltlich geht es um die Themen der interkulturellen Begegnung und der Wahrnehmung von Lebensvielfalt. Unterstützung zu dieser Thema geben die beiden interkulturellen Trainerinnen Andrea Wanner/VHS Schwäbisch Hall und Patricia Masibay.  
Ausgehend von eigenen Erfahrungen im Alltag werden soziale Situationen skizziert und mögliche Entwicklungen spielerisch ausprobiert. Dabei sind die Auseinandersetzung mit den Fragen "Wer bin ich?", "Was prägt mich kulturell?" ein interessanter Aspekt der Arbeit. Diese Auseinandersetzungen werden bei der Präsentation szenisch, teilweise performativ dargestellt.  
Ein anschließendes Gespräch ermöglicht Interessierten einen näheren Einblick in den Arbeitsprozess sowie den interkulturellen Austausch innerhalb dieser vielfältigen, bunten Gruppe.  


Fotos und Text: Patricia Masibay

Mittwoch, 13. Januar 2010

Wir fahren nach Karlsruhe!


"Abenteuer Vielfalt"-Gruppe mit dem interkulturellen Jugendclub "Cumpania"

Am 4. Dezember 2009 machte die "Abenteuer Vielfalt" Gruppe einen Ausflug zum Insel Theater in Karlsruhe um das Theaterstück "Eine Migrantenhochzeit" zu sehen. Der interkulturelle Theaterpädagoge des Badischen Staatstheaters Karlsruhe Rusen Kartaloglu ermöglichte der Gruppe einen Blick hinter die Kulisse sowie die Möglichkeit mit seiner Theatergruppe zu spielen und ins Gespräch zu kommen.


Kamila Zareba, Austausch-Schülerin aus Polen und Teilnehmerin des Theaterprojekts "Abenteuer Vielfalt" berichtet über den Tag:


Wir Fahren nach Karlsruhe!

Endlich ist der Tag gekommen! Der 4. Dezember, auf den wir so lange gewartet haben. Leider ist er jetzt schon vorbei, aber wenigstens haben wir tolle Erinnerungen.

Am Freitag um 14.45 Uhr ist neben der Volkshochschule in Schwäbisch Hall ein weißer Bus gekommen, in welchem Herr Rainer saß. Nachdem er uns mit einem großen Lächeln auf dem Mund willkommen geheißen hat, sind wir in den Bus eingestiegen und unser Abenteuer hat begonnen.

Um 17.00 Uhr haben wir uns schon in der Stadt Karlsruhe verirrt. Zuerst mit dem Auto, dann noch zu Fuß. Dabei konnten wir ein bisschen die Stadt sehen. Zum Glück haben wir schließlich das Theater gefunden – das Theater „Insel“.

Schon gleich zu Anfang hatten wir die Möglichkeit, mit den anderen Theaterbesuchern zu spielen und uns zu integrieren. Es wurden für uns verschiedene Spiele vorbereitet, an denen wir freiwillig teilnehmen konnten. Das waren Konzentrations- und Kreativitätsspiele. Mit solchen haben wir schon im Theaterunterricht zu tun gehabt. Sowohl Mitspieler als auch Zuschauer haben viel Spaß und Freude dabei gehabt.

Nachdem wir schon ein bisschen gelacht hatten, sind wir das Theater besichtigen gegangen. Unser Führer war der Stückregisseur Herr Kartaloglu. Zuerst haben wir gesehen wie die Schauspieler  gestylt werden. Diese Aufgabe hatte eine Frau. Sie hat etwa fünfzehn Schauspieler vorbereiten müssen – vor allem Make-Up und die Verkleidung. Trotz der vielen Arbeit hat sie das sehr gut gemeistert. Dann haben wir den Proberaum gesehen, wo alle Proben stattfinden sollen. Allerdings ist der Regisseur ein bisschen chaotisch  - wie er selbst festgestellt hat - und die Probe findet an verschiedenen Orten statt. Der Lieblingsplatz zum Theaterspielen ist für Herr Kartaloglu eine Cafeteria. Es gibt dort ein paar kleine Bühnen, die man interessant einsetzen kann. Großen Eindruck hat der Geräteraum auf uns gemacht. Wir haben nicht begreifen können, auf welche Art und Weise das alles funktioniert und wie man über all das herrschen kann. Die größte Rolle erfüllt jedoch der Computer mit speziellen Programmen. Danach hatten wir Freizeit. Wir haben ein Geschäft besucht und lange das Essen genossen.

Um etwa 18.00 Uhr haben wir den Theatersaal betreten und die guten Plätze eingenommen. Kurz danach hat das Stück "Eine Migrantenhochzeit" begonnen.

Hier ein Auszug aus der Pressemitteilung:
"Eine opulente türkische Hochzeit in Istanbul mit hunderten von Gästen und mannigfaltigem Programm verschlingt locker ein Jahresgehalt durchschnittlicher Arbeiter. So heiraten auch der Deutschtürke Murat und die junge Saadet aus Istanbul. Während er davon träumt, mit einer Türkin seine kulturellen Wurzeln zu festigen, will sie diese Wurzeln durch die Heirat abschneiden. Kennen gelernt haben sich beide im Internet und haben sich nur einmal vor ihrer Eheschließung getroffen. Es ist also einerseits eine traditionell vermittelte Ehe, andererseits erweitert um die modernen Kommunikationsmedien. Saadet hofft nun, nach Deutschland zu kommen, um Miniröcke zu tragen, während Murat ihr ein Kopftuch verpassen möchte, um endlich wie ein 'richtiger Türke' zu leben." 

Die Schauspieler haben uns viel Spaß gemacht. Manche von uns (wie z.B. Roma) haben noch lange nach dem Stück nicht aufhören können zu lachen. Der Publikumsliebling (vor allem der Jugendlichen) war die Gestalt des Tranvestiten Idal (in dieser Rolle Dominic Weber). Warum? Das wissen warscheinlich nur Jugendliche. Vermutlich lag es an der sehr lustigen Kreation und am Verhalten. Dieser Schauspieler hat auch den größten Beifall bekommen.

Die Schauspieler haben leider ein bisschen zu schnell und zu undeutlich gesprochen. Manchmal hat das zu Problemen beim Verstehen geführt. Trotzdem wurde das Stück mit großem Erfolg beendet.

Woher kam die Idee zu dem Stück? "Eine Migrantenhochzeit" wurde von der türkischen Dramatikerin Müserref Öztürk-Cetindogan verfasst und eröffnete 2007 den Stückemarkt des Berliner Theatertreffens. Als der Regisseur das Stück gelesen hatte, dachte er: Die Idee ist nicht schlecht. Jedoch hat ihm die Übersetzung nicht so sehr gefallen. Dann hat er beschlossen, den Text selbst zu schreiben. Nach ein paar Veränderungen war das Stück fertig.

In diesem Stück kritisiert die Autorin vor allem die Religion. Herr Kartaloglu dagegen kritisiert vor allem die falschen Menschen und falschen Sachen wie z.B. den Priester, der sich für Heilig hält. Dabei ist er gar nicht so. Dieses Stück zeigt auch – was sehr wichtig ist – dass alle Menschen frei sind und sie selbst entscheiden, wer und wie sie sind.

Um etwa 22.30 Uhr haben wir mit vielen Eindrücken das Theater verlassen. Ein bisschen müde, aber glücklich sind wir nach Hause gekommen. Zusammenfassend war dieser Tag wirklich schön! Und das alles dank unseren Betreuern: Rainer, Tina, Patricia und die freundliche Aufnahme durch Rusen Kartaloglu und seine Theatergruppe.

Vielen Dank!


Eine Migrantenhochzeit
Leitung Cumpania (interkultureller Jugendclub): Rusen Kartaloglu
Regie: Lamis Klein und Rusen Kartaloglu
 
Es haben gespielt:
Saadet                 Sabrina Amoroso
Murat                   Johannes Hauser
Idal                       Dominic Weber
Standesbeamtin    Selda Demirbas
Brautvater              Mehmet Azar      (ebenso als Süleyman Efendi)
Brautmutter           Selda Kaygusuz
Bräutigamsvater     Rusen Kartaloglu
Bräutigamsmutter   Lamis Klein
u.a.


Fotos und Video: Tara Merkelbach


Rusen Kartaloglu: Interkultureller Theaterpädagoge, Regisseur, Textautor und Schauspieler

Make-up und Garderobe

Dominic Weber als "Idal" hinter der Bühne


Bühnen Technik: Mischpult für das Klangbild/Musik

Bühnen Technik: Ansicht von oben auf die Bühne

"Geräteraum": Techniksteuerung

Mehmet Azar als Süleyman Efendi

Scene from "Eine Migrantenhochzeit" from ifk-sha on Vimeo.
Members of the theater group "Abenteuer Vielfalt/the Diversity Adventure" participate in a dance scene from the performance: Eine Migrantenhochzeit/ An Immigrant Wedding.

Teilnehmer (Mira, Kamila, Jula sowie Tina und Rainer) von "Abenteuer Vielfalt" machen mit bei einer Tanzszene in der Aufführung: Eine Migrantenhochzeit

Freitag, 1. Januar 2010

Auf die Treppe, fertig, los! Ein Gespräch mit Jula und Rabia.


Das Theaterprojekt "Abenteuer Vielfalt" setzt sich aus einer bunten Mischung von Teilnehmern zusammen. Wir stellen Jula Tomczak und Rabia Baglama vor.

Jula Tomczak wurde in Schwäbisch Hall geboren und wohnt in Schwäbisch Hall - wieder. Obwohl erst 15 Jahre alt, ist sie mit ihren Eltern schon häufig innerhalb Baden-Württembergs umgezogen und lebte in verschiedenen Städten und Dörfern.  

Auch Rabia Baglama kam in Schwäbisch Hall zur Welt, wuchs allerdings im benachbarten Gaildorf auf in dem sie auch jetzt lebt. Sie wurde vor kurzem 20 Jahre alt. Auf ihrer Geburtsurkunde steht eigentlich "Rabiye" als Vorname, da beim Eintragen ein Fehler passierte. Dass sie deshalb zwei Namen trägt ist für sie kein Problem- "es ist ein bissle komisch, aber passt schon".

Das Interesse am Theater
Jula nimmt an der Theater AG ihrer Schule teil. Ihre Freundin Tara erzählte ihr vom Theaterprojekt "Abenteuer Vielfalt" und animierte sie auch daran teilzunehmen. "Ja wieso nicht, es ist ja kostenlos" antwortete sie und schloss sich der Theatergruppe an. Doch nicht nur Taras Überzeugungskraft war der Grund sondern weil ihr das Theaterspielen schon seit ihrer Kindheit sehr viel Spaß macht. Vier Jahre lang, erstmals als achtjährige, wurde sie während der Sommerferien in Berlin von ihren Großeltern gemeinsam mit ihrem Zwillingsbruder und ihrer Schwester zu zweiwöchigen Theater Workshops angemeldet. "Man hat in verschiedenen Stücken gespielt. Dafür mussten wir in Rekordzeit unsere Texte auswendig lernen!" Sie lacht und erzählt gerne darüber- man spürt ihre Energie und ihre Freude am Theaterspielen.

Rabia ist schon von Anfang an dabei. Ihre Klassenlehrerin machte sie auf das Projekt aufmerksam. "Sie wusste, dass ich in diese Richtung gehen will, dass mich Schauspielerei interessiert". Da in ihrer Schule leider keine entsprechenden Möglichkeiten durch z.B. Theater-AGs angeboten wurden, ergriff Rabia Ihre Chance und macht sich die Mühe, für das Theaterprojekt "Abenteuer Vielfalt" jeden Freitag von Gaildorf nach Schwäbisch Hall zu kommen.

Erfahrungen mit "Abenteuer Vielfalt"
Trotz der vielen Erfahrungen mit Theaterspielen und Theater-Workshops bietet das  Theaterprojekt "Abenteuer Vielfalt" für Jula dennoch etwas Neues und sogar noch Überraschungen. „Anders als beim direkten Theaterspielen lernt man hier noch eher auf die Einzelheiten acht zu geben“. Sie beschreibt eine Übung vom letzten Freitag, bei der man genau aufpassen musste: "Man musste genau zuhören und genau hinsehen um alles herauszufinden." Bei ihren früheren Theater-Workshop Erfahrungen lag die Betonung auf dem Theaterstück "Wir haben Theater gespielt- richtig- ein Stück, halt, um es aufzuführen- ohne großartig Übungen zu machen."  Diese Unterschiede findet sie nützlich: "Was wir hier machen kann ich sehr gut in der Theater AG verwenden".  

Rabia schließt sich Jula's Meinung an und schätzt auch die "Grundarbeiten- man muss zuerst schauen wie man sich voran arbeitet- was man zuerst machen muss, auf was man achten muss..."

Und die Überraschung? Jula fängt wieder an zu lachen: "Anfangs fand ich ein paar Übungen lächerlich, andere ein bisschen komisch aber dann habe ich echt gemerkt- die Übungen, die bringen's wirklich! Man lernt wirklich etwas! Das dachte ich zu Beginn noch nicht. Ich lernte viel besser aufzupassen was verlangt wird, welche Situation gerade dargestellt wird und ich lernte mehr auf die anderen Akteure einzugehen."

Und was bedeutet Vielfalt für die beiden? Rabia findet schnell ihre Antwort, "Freiheit! Vielfalt ist für mich Freiheit- da kann ich alles machen- es gibt kein Falsch und kein Richtig. Man kann viel Verschiedenes ausprobieren." 

"Vielfalt...darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht-" Jula nimmt sich erst einmal Zeit um zu überlegen. Sie stimmt Rabia zu: "Genau - Vielfalt bedeutet, dass man alles machen kann- es steckt das Wort 'viel' drin - also stecken viele Möglichkeiten drin“. Als Beispiel beschreibt sie sich selbst: "Ich bin vielfältig, ich mache verschiedene Sachen. Ich probiere viel aus- auch wenn nötig bis zum bitteren Ende" In der Tat, Jula war schon in zahlreichen AGs in der Schule: für verschiedene Sprachen und auch für verschiedene Tätigkeiten im Theater. Und es war nicht immer leicht oder mit Spaß verbunden- einmal war sie "Souffleuse" – flüsterte also den Schauspielern während der Aufführungen ihre Texte zu, damit sie nicht ins Stocken geraten. In ihren Ferien nimmt sie das große Angebot an Aktivitäten und Aktionen an und probiert besonders gerne neue Sachen aus.  

Fremdheitsgefühle hat Jula nicht "Ich fühle mich eigentlich nirgendwo und nie fremd weil ich überall Freunde finden kann- auch im Ausland. Ich rede eben mit den Leuten- in Englisch oder schmeiß die Wörter, die ich in anderen Sprachen kann zusammen und dann gibt's noch 'Hände'. Ich kann mich gut verständigen und deshalb komme ich auch immer zum Ziel."

Rabia fühlt sich eher fremd wenn sie an Plätzen ist, an denen sie die Sprache nicht wirklich beherrscht und fühlt sich deswegen "halb verloren". Fremdheit ist aber nicht nur eine negative Erfahrung für sie: in ihrem letzten Urlaub in Frankreich war sie besonders fasziniert vom Cannes Film Festival und dem entsprechenden Drum-herum, den „ausgerollten roten Teppichen, der auf Hochglanz polierten Stadt - super sauber- schön gemacht, die ganzen Luxus-Sachen wie Jachten und die vielen Stars. Das fand ich richtig geil- da will man gar nicht weg!"

Auch von der Theaterwelt will Rabia nicht mehr weg. Die Erfahrungen im Theaterprojekt "Abenteuer Vielfalt" machen ihr viel Spaß und bestätigen ihre Leidenschaft für das Theaterwelt. Jula mag auch das Schauspielern sehr- ist aber skeptisch was den Beruf angeht: "Ich kann mir das nicht als berufliche Karriere vorstellen weil man nur mit sehr viel Glück als Schauspieler gut Geld verdient." Jula will ihr Abitur machen. Danach möchte sie im Ausland arbeiten bevor sie ein Studium beginnt: ein Jahr in den USA als Au-Pair und ein halbes Jahr als Entwicklungshelfer in einem Entwicklungsland. "Meine Mama ist aber gerade noch dabei mich zu überreden, dass ich auf die Schauspiel Schule nach Berlin gehe."

Rabia dagegen kann sich eine Karriere am Theater vorstellen- wenn nicht als Schauspieler dann vielleicht als Maskenbildnerin, Modistin oder als Bühnenbildnerin. Sie beschreibt sich als kreativen Menschen – seit ihrem 13. Lebensjahr nimmt sie Unterricht im Malen von Öl-Bildern – und will deshalb einen Beruf abseits vom Bürotisch. Das Theaterprojekt "Abenteuer Vielfalt" ist Rabia's erste Erfahrung mit dem Theaterspielen- aber wohl nicht die Letzte. Sie hat sich schon für einen Praktikumsplatz beim Staatstheater Stuttgart beworben und hat ein Vorsprechen für eine Schauspiel Akademie. In 2010 möchte sie ein bisschen Hollywood Luft schnuppern- sie möchte auch in den USA als Au-Pair Mädchen arbeiten und "nebenher" Schauspielunterricht nehmen.

Die beiden stehen auf der Treppe von St. Michael- der Freilichtspiel-Bühne. Möchten Sie noch etwas sagen? "Ja, die Theaterwerkstatt ist toll!" lacht Jula und Rabia bestätigt mit einem fröhlichen: "genau!"


Jula (links) mit Roma bei der "Spiegel-Übung"

Fotos und Text: Patricia Masibay