Freitag, 1. Januar 2010

Auf die Treppe, fertig, los! Ein Gespräch mit Jula und Rabia.


Das Theaterprojekt "Abenteuer Vielfalt" setzt sich aus einer bunten Mischung von Teilnehmern zusammen. Wir stellen Jula Tomczak und Rabia Baglama vor.

Jula Tomczak wurde in Schwäbisch Hall geboren und wohnt in Schwäbisch Hall - wieder. Obwohl erst 15 Jahre alt, ist sie mit ihren Eltern schon häufig innerhalb Baden-Württembergs umgezogen und lebte in verschiedenen Städten und Dörfern.  

Auch Rabia Baglama kam in Schwäbisch Hall zur Welt, wuchs allerdings im benachbarten Gaildorf auf in dem sie auch jetzt lebt. Sie wurde vor kurzem 20 Jahre alt. Auf ihrer Geburtsurkunde steht eigentlich "Rabiye" als Vorname, da beim Eintragen ein Fehler passierte. Dass sie deshalb zwei Namen trägt ist für sie kein Problem- "es ist ein bissle komisch, aber passt schon".

Das Interesse am Theater
Jula nimmt an der Theater AG ihrer Schule teil. Ihre Freundin Tara erzählte ihr vom Theaterprojekt "Abenteuer Vielfalt" und animierte sie auch daran teilzunehmen. "Ja wieso nicht, es ist ja kostenlos" antwortete sie und schloss sich der Theatergruppe an. Doch nicht nur Taras Überzeugungskraft war der Grund sondern weil ihr das Theaterspielen schon seit ihrer Kindheit sehr viel Spaß macht. Vier Jahre lang, erstmals als achtjährige, wurde sie während der Sommerferien in Berlin von ihren Großeltern gemeinsam mit ihrem Zwillingsbruder und ihrer Schwester zu zweiwöchigen Theater Workshops angemeldet. "Man hat in verschiedenen Stücken gespielt. Dafür mussten wir in Rekordzeit unsere Texte auswendig lernen!" Sie lacht und erzählt gerne darüber- man spürt ihre Energie und ihre Freude am Theaterspielen.

Rabia ist schon von Anfang an dabei. Ihre Klassenlehrerin machte sie auf das Projekt aufmerksam. "Sie wusste, dass ich in diese Richtung gehen will, dass mich Schauspielerei interessiert". Da in ihrer Schule leider keine entsprechenden Möglichkeiten durch z.B. Theater-AGs angeboten wurden, ergriff Rabia Ihre Chance und macht sich die Mühe, für das Theaterprojekt "Abenteuer Vielfalt" jeden Freitag von Gaildorf nach Schwäbisch Hall zu kommen.

Erfahrungen mit "Abenteuer Vielfalt"
Trotz der vielen Erfahrungen mit Theaterspielen und Theater-Workshops bietet das  Theaterprojekt "Abenteuer Vielfalt" für Jula dennoch etwas Neues und sogar noch Überraschungen. „Anders als beim direkten Theaterspielen lernt man hier noch eher auf die Einzelheiten acht zu geben“. Sie beschreibt eine Übung vom letzten Freitag, bei der man genau aufpassen musste: "Man musste genau zuhören und genau hinsehen um alles herauszufinden." Bei ihren früheren Theater-Workshop Erfahrungen lag die Betonung auf dem Theaterstück "Wir haben Theater gespielt- richtig- ein Stück, halt, um es aufzuführen- ohne großartig Übungen zu machen."  Diese Unterschiede findet sie nützlich: "Was wir hier machen kann ich sehr gut in der Theater AG verwenden".  

Rabia schließt sich Jula's Meinung an und schätzt auch die "Grundarbeiten- man muss zuerst schauen wie man sich voran arbeitet- was man zuerst machen muss, auf was man achten muss..."

Und die Überraschung? Jula fängt wieder an zu lachen: "Anfangs fand ich ein paar Übungen lächerlich, andere ein bisschen komisch aber dann habe ich echt gemerkt- die Übungen, die bringen's wirklich! Man lernt wirklich etwas! Das dachte ich zu Beginn noch nicht. Ich lernte viel besser aufzupassen was verlangt wird, welche Situation gerade dargestellt wird und ich lernte mehr auf die anderen Akteure einzugehen."

Und was bedeutet Vielfalt für die beiden? Rabia findet schnell ihre Antwort, "Freiheit! Vielfalt ist für mich Freiheit- da kann ich alles machen- es gibt kein Falsch und kein Richtig. Man kann viel Verschiedenes ausprobieren." 

"Vielfalt...darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht-" Jula nimmt sich erst einmal Zeit um zu überlegen. Sie stimmt Rabia zu: "Genau - Vielfalt bedeutet, dass man alles machen kann- es steckt das Wort 'viel' drin - also stecken viele Möglichkeiten drin“. Als Beispiel beschreibt sie sich selbst: "Ich bin vielfältig, ich mache verschiedene Sachen. Ich probiere viel aus- auch wenn nötig bis zum bitteren Ende" In der Tat, Jula war schon in zahlreichen AGs in der Schule: für verschiedene Sprachen und auch für verschiedene Tätigkeiten im Theater. Und es war nicht immer leicht oder mit Spaß verbunden- einmal war sie "Souffleuse" – flüsterte also den Schauspielern während der Aufführungen ihre Texte zu, damit sie nicht ins Stocken geraten. In ihren Ferien nimmt sie das große Angebot an Aktivitäten und Aktionen an und probiert besonders gerne neue Sachen aus.  

Fremdheitsgefühle hat Jula nicht "Ich fühle mich eigentlich nirgendwo und nie fremd weil ich überall Freunde finden kann- auch im Ausland. Ich rede eben mit den Leuten- in Englisch oder schmeiß die Wörter, die ich in anderen Sprachen kann zusammen und dann gibt's noch 'Hände'. Ich kann mich gut verständigen und deshalb komme ich auch immer zum Ziel."

Rabia fühlt sich eher fremd wenn sie an Plätzen ist, an denen sie die Sprache nicht wirklich beherrscht und fühlt sich deswegen "halb verloren". Fremdheit ist aber nicht nur eine negative Erfahrung für sie: in ihrem letzten Urlaub in Frankreich war sie besonders fasziniert vom Cannes Film Festival und dem entsprechenden Drum-herum, den „ausgerollten roten Teppichen, der auf Hochglanz polierten Stadt - super sauber- schön gemacht, die ganzen Luxus-Sachen wie Jachten und die vielen Stars. Das fand ich richtig geil- da will man gar nicht weg!"

Auch von der Theaterwelt will Rabia nicht mehr weg. Die Erfahrungen im Theaterprojekt "Abenteuer Vielfalt" machen ihr viel Spaß und bestätigen ihre Leidenschaft für das Theaterwelt. Jula mag auch das Schauspielern sehr- ist aber skeptisch was den Beruf angeht: "Ich kann mir das nicht als berufliche Karriere vorstellen weil man nur mit sehr viel Glück als Schauspieler gut Geld verdient." Jula will ihr Abitur machen. Danach möchte sie im Ausland arbeiten bevor sie ein Studium beginnt: ein Jahr in den USA als Au-Pair und ein halbes Jahr als Entwicklungshelfer in einem Entwicklungsland. "Meine Mama ist aber gerade noch dabei mich zu überreden, dass ich auf die Schauspiel Schule nach Berlin gehe."

Rabia dagegen kann sich eine Karriere am Theater vorstellen- wenn nicht als Schauspieler dann vielleicht als Maskenbildnerin, Modistin oder als Bühnenbildnerin. Sie beschreibt sich als kreativen Menschen – seit ihrem 13. Lebensjahr nimmt sie Unterricht im Malen von Öl-Bildern – und will deshalb einen Beruf abseits vom Bürotisch. Das Theaterprojekt "Abenteuer Vielfalt" ist Rabia's erste Erfahrung mit dem Theaterspielen- aber wohl nicht die Letzte. Sie hat sich schon für einen Praktikumsplatz beim Staatstheater Stuttgart beworben und hat ein Vorsprechen für eine Schauspiel Akademie. In 2010 möchte sie ein bisschen Hollywood Luft schnuppern- sie möchte auch in den USA als Au-Pair Mädchen arbeiten und "nebenher" Schauspielunterricht nehmen.

Die beiden stehen auf der Treppe von St. Michael- der Freilichtspiel-Bühne. Möchten Sie noch etwas sagen? "Ja, die Theaterwerkstatt ist toll!" lacht Jula und Rabia bestätigt mit einem fröhlichen: "genau!"


Jula (links) mit Roma bei der "Spiegel-Übung"

Fotos und Text: Patricia Masibay


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