Dienstag, 17. November 2009

Vorhang auf für Rainer Möck, der Spiel(beg)leiter




Fast 30 Jahre lebt Rainer Möck schon in der Schwäbisch Haller Umgebung – seit 34 Jahren ist die Welt des Theaters seine Heimat.


Freitags leitet Rainer Möck zusammen mit Christina Koball von den Freilichtspielen Schwäbisch Hall das Theaterprojekt "Abenteuer Vielfalt" und damit eine enthusiastische Gruppe von 14- bis 19-Jährigen. Er selbst war 18 Jahre alt, als er im Jugendhaus Fellbach seine erste Begegnung mit Theater hatte. "Ich bin einfach so ins Theater geschlittert. Theater zu spielen mit anderen Jugendlichen– das hat Spass gemacht!"


Schnell war ihm klar, dass Theater mehr als nur Spaß bietet: "Mir wurde bewusst, dass Theater ein ganz tolles Mittel ist, um Selbsterfahrung zu sammeln und um Dinge auf der Bühne auszuprobieren, die auch etwas mit der Realität zu tun haben." Für Rainer Möck ist das Zusammenspiel von Fantasie, Realität und Ausprobieren, und die Herausforderung, einen Charakter ernsthaft zu vertreten, mit positiven und negativen Zügen und Gefühlen, das Schöne am Theaterspielen. "Was habe ich negativ drauf, was positiv? Was will ich? Was will ich nicht? Diese Entscheidungen immer wieder zu treffen, das spielt im realen Leben eine wichtige Rolle. Theaterspielen hat mir damals als junger Erwachsener sehr gut getan und heute auch als reifer werdender Mensch tut es mir immer wieder gut."


Von 1975 bis 1980, als er Theater im Jugendhaus Fellbach  spielte, arbeitete er mit an originellen Stücken und Filmen zu den damals aktuellen Themen des Drogenkonsums oder der zunehmenden Arbeitslosigkeit.  Danach pausierte er für drei Jahre vom Theaterspielen, um eine Ausbildung zu absolvieren und erste Erfahrungen als Erzieher zu sammeln. 1982 wurde Möck Fachlehrer an der Sonnenhofschule – ein Angebot für Menschen mit körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen. Wohin es Rainer Möck auch in seiner Laufbahn verschlagen hat, Theater und Theatergruppen hatte er immer schnell zur Hand: Im Sonnenhof entstand mit anderen interessierten jungen Pädagogen und Zivildienstleistenden eine eigene Theatergruppe und vor rund 20 Jahren war er gemeinsam mit Elke Feucht, Peter Hauser und einigen anderen Aktiven an der Gründung des Haller Amateur- und Familientheater: Kleines Theater Hall e.V. beteiligt. 1992 bildete Möck sich in Theaterpädagogik weiter. Seit 1995 ist er Montessori-Pädagoge und -Therapeut im Integrativen Montessori-Kinderhaus. Zeitweise ist er auch als Werkstattleiter und Bühnenhelfer bei der LAG Theater Pädagogik Baden-Württemberg e.V. tätig.


Rainer Möck ist eindeutig ein Theater-Mensch durch und durch, aber im Mittelpunkt seiner Motivation und seines Handelns stehen immer andere Menschen. Er beschreibt die Geburt seiner beiden Töchter als einen der eindrucksvollsten und glücklichsten Momente seines Lebens (leider ging die Entbindung bei der ersten Tochter "etwas zu schnell"). Obwohl er professioneller Erzieher ist, stellt er die Bezeichnung in Frage: "Ich habe meine Töchter nicht erzogen, ich habe sie begleitet." Mit seiner Familie setzt er sich für Menschenrechte  ein, in der Haller Amnesty International Gruppe ist er seit den 80er Jahren aktiv.


"Das Thema Vielfalt ist für mich wichtig aber nicht ganz neu. Vielfalt ist für mich einfach das, was es gibt. Jeder Mensch ist anders, jeder Mensch ist verschieden." Im Jugendhaus Fellbach hatte Rainer Möck nicht nur die erste Begegnung mit Theater, sondern auch mit kultureller Vielfalt. "Da waren sehr viele ausländische Mitbürger: Leute aus Griechenland, aus Italien. Es gab leider auch viele Auseinandersetzungen – im Jugendhaus wurde Vielfalt gelebt!" Es war für ihn lehrreich und interessant aber gleichzeitig auch furchteinflößend. Seine Wahrnehmung war schon differenziert, dadurch erkannte er die Unterschiede und verschiedenen Probleme innerhalb kultureller Gruppen, die in Deutschland zurechtkommen wollten und mussten. Später erweiterte sich sein Blick auf Vielfalt durch seine Arbeit mit den behinderten Menschen: "konfrontiert mit 'ungewohnten Verhaltensweisen' hat man anfangs Sorge und Angst, weil man nicht weiß, wie man damit umgehen soll."


Für ihn macht die Spannung zwischen Neugier und Angst die Vielfalt aus. "Klar reagieren manche Leute abwehrend, aber auf der anderen Seite gibt es Fragen nach den Hintergründen. Durch die Wahrnehmung von Vielfalt setzen wir uns mit der Realität auseinander. Wenn wir aber die Vielfalt nicht wahrnehmen oder uns davor ausgrenzen, dann engen wir uns ein. Wir schotten uns dann ab von der Wahrheit: Wir tun so, als ob etwas, das da ist, nicht existiert." Die Auseinandersetzung mit Vielfalt ist für Rainer Möck eine "normale" Auseinandersetzung. Wie die Auseinandersetzung mit Angst. Die Angst vor Vielfalt ist da – sie geht nicht weg, und deshalb ist es wichtig zu lernen mit der Angst umzugehen. "Wenn sich die Situation verändert, müssen wir gleichzeitig unsere Gewohnheiten ändern. Sich an Vielfalt zu gewöhnen, dass ist heute unsere Aufgabe! Der Umgang mit Vielfalt, mit vielfältigen Verhaltensweisen beinhaltet deshalb, die Situation richtig einzuschätzen und zu lernen mit friedlichen Mitteln zu reagieren, statt mit Abwehr und Aggression."


Jeden Freitag bis Februar 2010 begleitet Rainer Möck mit den friedlichen Mitteln des Theaters der bunten "Abenteuer Vielfalt"-Gruppe, wie man mit Vielfalt umgehen lernen kann. "Das Handeln ist entscheidend. Man kann es nicht theoretisch diskutieren, man muss es wirklich selbst ausprobieren. Im Theater haben die Jugendlichen den Schutz und die Möglichkeit auf der Bühne alles auszuleben. Danach aber, weg von der Bühne, kommt die Trennung und man ist wieder man selbst".


Rainer Möck ist zurzeit als entmachteter König in "König Drosselbart" und als Bauernknecht Frieder in "Malfälscher" auf der Bühne. Aber auch abseits der Bühne macht ihm, als 52-Jähriger das Theater weiterhin Spaß und "jede Menge Arbeit": sowohl als Theaterpädagoge, Regisseur und Bühnentechniker, wie als "Vereinsmeier" beim Kleinen Theater Hall e.V.


König Drosselbart frei nach Gebrüder Grimm
vom Kleinen Theater Hall
um 16 Uhr im Theatersaal der Altes Schlachthaus Schwäbisch Hall
Sonntag: 6. Dezember 2009 und 7. Februar 2010






Malfälscher – Holzdiebstahl am Kocher von Peter Hauser
um 19 Uhr im Theatersaal der Altes Schlachthaus, Schwäbisch Hall
Dienstag, 29. Dezember 2009 und Sonntag, 24. Januar 2010

Rainer Möck, Theaterpädagoge
Tel 0791 / 4 36 44,  kleinestheaterhall@gmx.de







Rainer Möck bei einer "Spiegel-Übung"



Vorbereitungen für die Aufgabe: 
entwickelt anhand der Begriffe eine Szene!

Text und Fotos: Patricia Masibay


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