Samstag, 18. Juni 2011

Vielfältige Abenteurer kennengelernt - Ein Gespräch mit Marina und Claudius

Claudius und Marina

Die zweite Staffel von Abenteuer Vielfalt setzte sich aus einer bunten Mischung von Teilnehmern zusammen. Wir stellen Marina Lazaretto de Andrade und Claudius Bausch vor.


Die Vielfalt bei „Abenteuer Vielfalt“ wird wieder einmal deutlich, wenn man Claudius Bausch und Marina  betrachtet. Claudius ist 15 Jahre alt und geht im ev. Schulzentrum Michelbach zur Schule. Er lebte erst in Heidenheim; vor fünf Jahren zog er mit seiner Familie nach Schwäbisch Hall. Marina hingegen ist nur zu Besuch in Deutschland. Die 16-Jährige kommt ursprünglich aus Brasilien und wohnt zur Zeit bei einer deutsche Gastfamilie. Warum sie sich Deutschland ausgesucht hat? „Es sieht gut aus und ist cool“, sagt sie lachend. Nach den ersten fünf Monaten bestätigte sich dieser Eindruck. 

In ihrer Freizeit lesen die beiden Jugendlichen sehr gerne. Sowohl Claudius als auch Marina lesen hauptsächlich Fantasy, wobei sich Letztere auch für Geschichte interessiert. Sie interessiert sich sogar so sehr dafür, dass sie ein Buch über Föderalismus und dessen Geschichte schreibt. Claudius spielt zudem seit fünf Jahren Geige. Nicht nur für sich, sondern auch im Musikschulorchester. Er schaut gerne Filme – „außer Krimis und Liebesfilme“, grinst er – und trifft sich mit seinen Freunden.

Interesse am Theater
Marina hat schon in Brasilien Theater gespielt: „Allerdings waren es nicht so viele Leute und es ging auch nicht lang“. Dafür präsentierten sie ein selbst geschriebenes Theaterstück und traten außerdem als Clowns in den Straßen auf. Auch für Claudius ist das Theater kein Neuland. Er spielte schon früher in Kindermusicals mit, zur Zeit ist er Mitglied des Jugendclubs der Freilichtspiele. Moderne Stücke sieht er lieber als „Shakespeare oder so“ und geht auch oft mit seiner Familie ins Theater. Auch Marina geht gerne ins Theater, aber nicht so oft.

Vielfalt
Auf die Frage, was „Vielfalt“ denn für die beiden bedeute, herrscht erst einmal Stille. Dann antwortet Claudius: „Dass man viele Möglichkeiten hat, dass man viel machen kann und dass einem nicht langweilig wird.“ Für Marina bedeutet Vielfalt auch noch „verschieden sein“, ansonsten schließt sie sich in den anderen Punkten Claudius an. Auch die Herausforderungen der Vielfalt sind den beiden bewusst und bekannt. Marina musste sich in Deutschland erst einmal einleben. Vieles war neu und ungewohnt für sie - man könnte schon fast sagen, dass sie den berühmt-berüchtigten Kulturschock erlitt. Alltägliche Situationen musste sie erst wieder neu erlernen und sich die deutsche Routine aneignen. Doch mittlerweile hat sie sich daran gewöhnt und lebt ganz gut damit. Auch Claudius bringt an, dass man im Hinblick auf Vielfalt einiges falsch machen kann. Zum Beispiel, indem man etwas tut, was sich in einer anderen Kultur nicht gehört. 

Ein anderes Problem der Vielfalt könnte sein, dass man etwas sagt, was falsch aufgegriffen wird. Dennoch lernt man viele Sachen - und auch sich selber - kennen. Man findet heraus, was man nicht kann oder nicht mag. Die Frage, ob sie denn für Vielfalt offen seien, beantworten beide mit ja.

Abenteuer Vielfalt
Claudius und Marina kamen beide über Isa-Lorena Thalacker ("Isi"), eine weitere Teilnehmerin, zu „Abenteuer Vielfalt“. Claudius geht mit Isi in eine Klasse und sie erzählte ihm von dem Projekt. Marinas Gastmutter ist eine Freundin von Isis Mutter und jene riet Marina zu dem Projekt, um „etwas in Deutschland zu machen“, da sie neu war und das Projekt auch gerade erst angefangen hatte. Bloß hatte sie damit gerechnet, nur Theater zu spielen. Auch Claudius war von den interkulturellen Einheiten überrascht. Er wollte hauptsächlich Impro-spielen lernen und war daran interessiert, eine eigene kleine Theatergruppe zu leiten und mit Kindern zu arbeiten. Bei den Improvisationen hat es ihn gewundert, dass man für einen bevorstehenden Auftritt oder eine Präsentation doch viel einstudiert. 

Marina dachte vor ihrem Aufenthalt, dass die Deutschen verschlossen sind und für sich bleiben. Doch bei „Abenteuer Vielfalt“ haben alle in der Gruppe miteinander geredet und waren offen. Bei den Einheiten hat sie am liebsten Theresa und Julia beim Spielen zugeschaut. Claudius‘ Lieblingsübung war „Bank aufheben“. Diese Übung funktioniert so: Spieler A befindet sich auf einer Bank (ersatzweise zwei Stühle) und sitzt einfach nur da. Spieler B kommt hinzu und versucht, A von der Bank zu vertreiben. Dies kann z. B. durch niesen, sich lange und überall kratzen, laute Musik hören usw. geschehen. Dabei darf natürlich keine Gewalt angewendet werden und A sollte sich auch irgendwann vertreiben lassen. 

Zur Vielfalt in der Gruppe sagt Claudius: „Jemanden aus dem Ausland dabei zu haben, ist noch mal was anderes.“ Und: „Irgendwie gehört jeder zu Vielfalt.“ Marina hat in der Gruppe viel Deutsch gelernt und Freundschaften geschlossen. Außerdem ist sie nicht mehr so schüchtern und hat auch mehr Toleranz anderen Kulturen gegenüber. Claudius hat vor allem gelernt, Impro zu spielen und hat zudem noch neue Leute kennengelernt.

Claudius leitet nun mit zwei andere Abenteuer Vielfalt Absolventen eine Gruppe in der Grundschule Langer Graben leiten. Er möchte das Theater eventuell zu seinem Beruf machen- am Liebsten als Theaterschauspieler. Für den Beruf spielt Theater bei Marina keine Rolle: Entweder studiert sie Journalismus oder Biologie. Bis ihr Auslandsjahr Anfang Juli beendet ist, sammelt sie Erfahrungen als Jugendbegleiterin an der Grundschule Hessental.

Marina stellt sich bei einer interkulturellen Übung mit Hilfe von Claudius vor

Isa-Lorena und Claudius wandeln Begriffe in Bewegungen


Text & Portrait Foto: Annalena Grihn
Fotos: Patricia Masibay

Sonntag, 5. Juni 2011

Spaß haben und Neues lernen - ein Gespräch mit Tamara und Saskia

Tamara (links) und Saskia

Bei der zweiten Staffel von Abenteuer Vielfalt (2010/2011) kam eine reiche Mischung von Teilnehmenden zusammen. Wir stellen Tamara Hermann und Saskia Schneider vor.

Tamara Hermann, geboren in Schwäbisch Hall ist 14 Jahre alt und geht im Schulzentrum Ost zur Schule. Sie hat zwei Schwestern und eine Gastschwester aus Brasilien. In ihrer Freizeit liest sie, macht Sport, trifft sich gerne mit Freunden und reitet regelmäßig. Sie hat zwei Katzen und zwei Mäuse.

Saskia Schneider ist auch in Schwäbisch Hall geboren. Die Sechzehnjährige geht auf das Wirtschaftsgymnasium in Hall. Sie hat eine Schwester. Saskia liest auch gerne und seit zwei Jahren tanzt sie- am liebsten „Jive‟. Zuhause hat sich auch zwei Katzen aber keine Mäuse.

Interesse am Theater
Tamara war zwischen der 2. und 5. Klasse in der Theater AG, „Es hat mir eigentlich immer Spaß gemacht, ich finde es interessant. Man kann eigentlich nie auslernen.‟ Ausserdem hat es ihr gefallen, „dass man miteinander etwas machen kann, dass man einfach nicht alleine dadurch kommen kann, dass man miteinander arbeiten muss, dass man auf die Anderen achten muss.‟ Sie ist sicher, dass sie schon Theaterstücke mit Ihren Eltern in Schwäbisch Hall gesehen hat, aber in Erinnerung blieb nicht dieses Stück sondern ihre eigenen Erfahrungen in der Theater AG.

Saskia machte ihre ersten Erfahrungen mit Theater in der Grundschule. Sie war sieben Jahre alt und spielte einen Baum, „ich wollte eigentlich Elmer der bunte Elefant sein‟. Sie erinnert sich an die Schulausflüge der Grundschule zu Kindertheaterstücken. Vorher haben sie meistens das Buch vorgelesen bekommen oder teilweise selbst gelesen. Sie war jedes Jahr voller Neugier dabei um zu erleben wie die Schauspieler die Geschichte darstellen.

Vielfalt bedeutet...
„Das ist viel Verschiedenes. Das ist Buntes, das ist abwechslungsreich- vielfältig eben!‟ so definiert Tamara „Vielfalt‟ und Saskia stimmt zu. Die Langeweile ist vertrieben und man lernt neue Sache kennen wobei neben diesen genannten Vorteilen die beiden auch Herausforderungen erkennen. „Dass man eben immer schauen muss: ‚wie funktioniert es jetzt?‘‟, erklärt Tamara. „Wie es zusammenpasst, weil es viel Verschiedenes ist,‟ sagt Saskia weiter.

In ihrem Alltag sammelt Tamara Erfahrungen mit Vielfalt durch ihre Gastschwester: „Es ist sehr interessant. Sie hat eine ganz andere Kultur, andere Sprache.‟ Es ist Tamaras erster Kontakt mit einer Austauschschülerin.

Tamara und Saskia begegnen etwas Fremden in ähnlicher Art. Wenn es etwas ist, dass den beiden nicht gefällt, versuchen sie es zu vermeiden aber „wenn man sich dafür interessiert kann man auch Möglichkeiten finden, dass man sich dann näher damit befasst. Am Anfang ist es seltsam und neu aber man gewöhnt sich ja dran,‟ so Saskia. 

Beide erzählen ähnliche Erlebnisse mit ihren Lieblingsinteressen. Am Anfang war es ungewohnt und das Interesse war gering: Saskia fand Standard-Tanz "blöd" und es hat ihr am Anfang keinen Spaß gemacht. Tamara hatte, als sie kleiner war, etwas Angst vor Pferden. Saskia tanzt immer noch, bald fast drei Jahre und Tamara reitet schon seit vier Jahren.

Abenteuer Vielfalt
Tamara lernte das Projekt Abenteuer Vielfalt auf dem Haller Freundschaftsfest  in 2010 durch die Internationalen Frauenkreis kennen. Saskias Schwester Jannika hörte auch durch den Internationalen Frauenkreis von Abenteuer Vielfalt und überzeugte sie mitzumachen.

Ihre ersten Tage beim Projekt machten beiden viel Freude. Saskia erinnert sich an eine interkulturelle Übung. Sie war überrascht, weil die Ergebnisse anders waren, als ihre Überlegungen.  Beide entschieden sich weiterzumachen, weil sie Spaß hatten und weil Sie weiterhin Neues lernen wollten. Vielfalt in der Gruppe erleben Sie durch die Teilnehmenden aus verschiedenen Ländern, verschiedenen Schulen und durch die unterschiedlichen Übungen.

Was haben sie bei diesem Projekt gelernt? „Ich habe vor allem gelernt, dass ich nicht so irgendwie Angst haben muss um etwas zu machen. Früher war ich da immer relativ schüchtern,‟ beantwortet Tamara. „Ich finde man lernt sich schnell auf neue Sachen einzulassen, weil wir ja auch bei vielen Übungen spontan reagieren und schnell irgendwie eine Lösung finden müssen. Auch sich schnell halt zu trauen das auch zu tun- ansonsten überlegt man sich vielleicht zu lange, ‚soll ich es machen oder nicht‘. Da macht man's einfach- weil es sonst nicht weitergeht,‟ so Saskia. 


Szenen aus der Jugendbegleiter-Ausbildung
Tamara improvisiert aus einem Zeitungsstück mal ein Wischtuch, mal ein Schlafkissen

Saskia (rechts) und "Shall" wandeln Begriffe in Bewegungen




Text & Fotos: Patricia Masibay